Adipositas – wenn nur noch das Skalpell hilft
Vom griechischen Wort für Gewicht „baros“ abstammend, beschäftigt sich diese Disziplin mit der chirurgischen Therapie des Übergewichts. Ihre Anfänge nahm sie in den USA, wo schon in den 1950er Jahren erste chirurgische Eingriffe zur Behandlung der Adipositas durchgeführt wurden. Seitdem steigt die Zahl der Eingriffe kontinuierlich und beträgt heute weltweit mehrere Hunderttausend im Jahr.
Für bariatrische Eingriffe gibt es zurzeit keinen Goldstandard. Vielmehr stehen verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung, deren Vor- und Nachteile im Einzelfall abgewägt werden müssen. Grundsätzlich basieren alle Methoden auf einer relevanten Verkleinerung des Magenvolumens und der damit einhergehenden Einschränkung der Nahrungsaufnahme.
Die International Federation for the Surgery of Obesity and Metabolic Disorders (IFSO) sammelt in ihrem Register die Daten von bariatrischen Eingriffen aus mehr als 50 Ländern.
Ihr aktueller Bericht aus dem Jahr 2018 umfasst circa 190.000 Eingriffen, die zwischen 2014 und 2018 durchgeführt wurden. Ihm zufolge entfiel mit circa 45 % der Hauptteil der Eingriffe auf die sogenannte Sleeve Gastrektomie, gefolgt vom Magenbypass mit etwa 38 %. Das ehemals populäre Magenband spielt heutzutage mit 5 % der Operationen nur eine untergeordnete Rolle. Darüber hinaus gibt es weitere Verfahren, die jedoch nur eine geringe anteilsmäßige Rolle spielen.
Sleeve Gastrektomie
Bei der Sleeve Gastrektomie beziehungsweise Schlauchmagenoperation werden etwa 80 % des Magens entfernt. Im Anschluss erinnert der Magen an einen Schlauch oder eine Banane mit deutlich reduziertem Fassungsvermögen, wodurch pro Mahlzeit nur noch eine deutlich geringere Nahrungsmenge aufgenommen werden kann. Zugleich stellt sich das Sättigungsgefühl deutlich schneller ein. Die Sleeve Gastrektomie ist ein sehr effektives Verfahren, das in den meisten Fällen zu einer schnellen und dauerhaften Gewichtsabnahme von mehr als 50 % führen kann. Die Operation erfolgt minimalinvasiv, wodurch die Komplikationsraten und der Klinikaufenthalt auf wenige Tage reduziert werden können.
Als operatives Verfahren geht es jedoch stets mit einem Operations- und Narkoserisiko einher und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Im Verlauf kann sich durch die Entfernung großer Magenabschnitte auch ein Vitaminmangel entwickeln, der eine lebenslange Substitution notwendig macht.
Magenbypass
Bei dem sogenannten Roux-Y-Magenbypass erfolgt die Operation in zwei Schritten.
Zunächst wird der obere Teil des Magens abgetrennt, sodass ein „Beutel“ mit einem Fassungsvermögen von circa 30 ml entsteht. Der größere Restmagen wird blind verschlossen.
Im Anschluss daran wird der Dünndarm durchtrennt und der abwärtsliegende Teil an den neuen verkleinerten Magen adaptiert. Infolgedessen entsteht ein zunächst ausgeschaltetes Segment, das aus dem Restmagen sowie dem Zwölffinger- und Dünndarm besteht. Da in den Zwölffingerdarm die Ausführungsgänge der Gallenblase und Bauspeicheldrüse münden und ihre Sekrete essentiell für die Verdauung sind, muss dieses ausgeschaltete Segment wieder mit dem Dünndarm verbunden werden. Dazu wird der vormals ausgeschaltete Darmabschnitt seitlich an einen weiter unten liegenden Dünndarmabschnitt angenäht, wodurch die namensgebende Y-Form entsteht.
Nach der Operation gelangt der Nahrungsbrei zunächst in den deutlich verkleinerten Magen und von dort direkt in den Dünndarm. Die Galle und die Verdauungssäfte der Bauchspeicheldrüse kommen erst an der Stelle der neu geschaffenen Dünndarmverbindung in Kontakt mit dem Nahrungsbrei. Folglich kommt der Hauptteil des Magens sowie der Zwölffingerdarm und Teile des Dünndarmes nicht mehr mit der aufgenommenen Nahrung in Verbindung, wodurch diese Segmente aus der aktiven Verdauung ausgeschaltet sind.
Über verschiedene Mechanismen fördert diese Methode eine schnelle und anhaltende Gewichtsreduktion. Zunächst behindert der verkleinerte Magen die Aufnahme größerer Nahrungsmengen. Zusätzlich kommt es mit der operativen Veränderung des Magen-Darm-Traktes zu einer Beeinträchtigung der Verdauung und der Nährstoffaufnahme, wodurch die zugeführte Nahrung nur noch zu einem geringeren Teil verwertet werden kann.
Zwar erweist sich das Verfahren als äußerst effektiv jedoch dürfen die Operationsrisiken dieses komplexen Eingriffs nicht vernachlässigt werden. Darüber hinaus können durch die veränderte Architektur des Magen-Darm-Traktes Verdauungsproblemen und ein Nährstoffmangel entstehen.
Magenband
Im Vergleich zu der Entfernung von Magenabschnitten stellt ein Magenband eine relativ schonende Methode dar. Dabei wird minimalinvasiv ein Kunststoffband um den Magen gelegt und ein kleiner Magenteil abgeschnürt. Zudem ist das Band mit einem kleinen Flüssigkeitsreservoir beziehungsweise Port verbunden, der unter der Haut implantiert wird. Durch die Injektion von Kochsalzlösung in das System kann das Magenband zusätzlich aufgepumpt werden, sodass die Öffnung zwischen dem abgeschnürten Teil und dem Restmagen weiter schrumpft. Dieser Vorgang kann wiederholt werden und bewirkt, dass die Verbindung zum Restmagen immer enger wird und die Enleerungsgeschwindigkeit des Magens weiter sinkt.
Ähnlich wie bei den bereits vorgestellten Methoden können Patienten nur noch kleine Mahlzeiten zu sich nehmen und haben ein schneller eintretendes Sättigungsgefühl.
Durch den begrenzten Umfang der Operation sind die Risiken bei diesem Verfahren deutlich geringer als bei großen Magen-Darm-Operationen. Ebenso treten nur selten Verdauungs- und Resorptionsstörungen auf, da der Magen und alle Darmabschnitte unberührt bleiben. Zu den klaren Vorteilen gehört auch die Möglichkeit der weiteren Anpassung nach der Operation.
Auf der anderen Seite setzt die Methode voraus, dass ein Fremdkörper in der Bauchhöhle verbleibt, was dauerhaft mit Komplikationen verbunden sein kann. Hinzu kommt, dass es
im Vergleich zu den anderen vorgestellten Methoden die geringste und langsamste Gewichtsabnahme zeigt. Ebenso besteht die Gefahr, dass sich das Band lockert oder gänzlich verrutscht, sodass häufiger Folgeoperationen notwendig werden.
Unabhängig von dem gewählten Verfahren können bariatrische Eingriffe für einige adipöse Patienten die letzte Therapieoption darstellen. Ihre Vorteile konnten bereits vielfach belegt werden. Neben dem Verlust an Körpergewicht und einem Zugewinn an Lebensqualität zeigen Studien deutlich positive Effekte auf die Gesundheit. Durch die Gewichtsabnahme profitieren die Patienten von einer nachweislichen Reduktion des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2. Auch bereits bestehende arterielle Hypertonie oder Diabetessymptome können durch die Operation in ihrer Ausprägung reduziert werden oder sich gänzlich zurückbilden.
In Anbetracht der sich ausbreitenden globalen Adipositasepidemie stellt die bariatrische Chirurgie aktuell und auch künftig eine wichtige Therapieoption dar. Aufgrund der mit ihr einhergehenden Risiken bleibt die Entscheidung für oder gegen eine Operation jedoch stets eine Einzelfallentscheidung.
Bild 1 © “nmfotograf” / Adobe Stock
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