Das Wechselspiel aus Sport und Genetik

- Die menschliche Entwicklung nahm in den vergangenen Zehntausenden von Jahren einen rapiden Verlauf. Die Lebensweise- und erwartung veränderten sich grundlegend, die Biologie blieb hingegeben, in diesem evolutionär gesehenen kurzen Zeitraum, weitgehend unverändert. Daher unterscheidet sich der heutige Mensch biologisch kaum von seinem steinzeitlichen Pendant.

Die Diskrepanz zwischen Lebensweise und Biologie führt in vielen Fällen zur Entstehung von Erkrankungen, die häufig als Zivilisationskrankheiten bezeichnet werden. Besonders Überernährung und Bewegungsarmut begünstigen Erkrankungen wie arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Entstehung diverser Tumorarten. Während der Steinzeitmensch noch 30 bis 40 Km am Tag zurücklegte, sind es heute im Durchschnitt nur wenige Kilometer.

In jeder lebenden Zelle gibt es dynamische Mechanismen, die DNA-Sequenzen modifizieren können. Diese sogenannten epigenetischen Veränderungen haben keinen Einfluss auf die genetische Information, können jedoch die Aktivität der Gene regulieren. Einzelne Gene können so hochreguliert oder abgeschaltet werden. Im Gegensatz zu Genmutationen sind epigenetische Veränderungen meist temporär und potenziell reversibel. Sie sorgen dafür, dass sich das Aktivitätsmuster der Gene von Zelle zu Zelle unterscheiden kann, obwohl die genetische Information in allen Körperzellen identisch ist. Die Epigenetik liefert auch Erklärungsansätze für unterschiedliche Krankheitsanfälligkeiten bei eineiigen Zwillingen trotz eines theoretisch gleichen Erbgutes. 

Vor allem Umweltfaktoren, Ernährung und Lebensstil scheinen epigenetische Prozesse zu beeinflussen und so auch indirekt auf das Genom einzuwirken. Es ist allgemein bekannt, dass gesunde Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität einen positiven Effekt auf den Organismus haben und als protektive Faktoren das Risiko für die Entstehung von Zivilisationserkrankungen reduzieren. Hinter diesem positiven Effekt vermutet man zumindest teilweise epigenetische Veränderungen auf DNA-Ebene. Der positive Einfluss des Sports treibt Millionen von Menschen regelmäßig zum Joggen ins Freie oder für Trainingseinheiten ins Fitnessstudio. Während jedoch die einen schon nach kurzer Zeit ihre körperliche Fitness steigern und Resultate sehen, treten andere trotz intensivem Training monatelang auf der Stelle.

Die Wechselwirkung zwischen physischer Aktivität und Genetik befindet sich aktuell im Fokus vieler Forschungsprojekte. Einige Studien konnten bereits genetische Variationen identifizieren, die einen Einfluss auf die Effektivität sportlicher Betätigung haben. So zeigen sich trotz gleicher Trainingseinheiten zum Teil große individuelle Unterschiede in der Leistungssteigerung und Veränderung der Körperzusammensetzung. Die genetische Ausstattung scheint somit teilweise festzulegen, wie der Körper auf Training reagiert. Dies zeigt sich besonders bei Leistungssportlern. Einige Ergebnisse weisen auf eine genetische Prädisposition hin, die in Kombination mit entsprechendem Training das Erreichen von athletischen Höchstleistungen erleichtert beziehungsweise erst ermöglicht.

Auch wenn nicht jeder zum Leistungssportler geboren ist, bleibt der positive Effekt sportlicher Betätigung unumstritten. Es konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Sport die Aktivität einiger Gene, die mit Adipositas assoziiert sind, reduziert und ebenfalls den Zustand von Tumorgenen verändern kann. Die Erforschung des Einflusses sportlicher Aktivität auf genetischer Ebene steht noch am Anfang. Sie eröffnet jedoch eine vielversprechende Perspektive für zukünftige therapeutische und diagnostische Ansätze. 

Bild 1 © “WavebreakMediaMicro” / Fotolia.com

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