Wie gesund ist das Glas Rotwein wirklich?

- Alkohol gehört bei vielen Gelegenheiten des Alltags fast automatisch dazu: Das Glas Wein zum Essen, der Sekt bei feierlichen Anlässen oder das Feierabendbier – Alkoholkonsum ist weit verbreitet und gesellschaftlich anerkannt. Doch welche Auswirkungen hat er auf unsere Gesundheit? Lange Zeit wurde besonders dem Rotwein ein herz- und gefäßschützender Effekt nachgesagt. So soll ein moderater Konsum den Spiegel des HDL-Cholesterins positiv beeinflussen, der Arteriosklerose vorbeugen und das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle reduzieren.

Rotwein – ein Gesundheitsmythos?  

Die aktuelle Studienlage zur protektiven Wirkung des Alkoholkonsums liefert widersprüchliche Aussagen. Italienische Forscher werteten insgesamt 34 Studien zum Einfluss des Alkoholkonsums auf die Lebenserwartung aus und kamen zu dem Ergebnis, dass Personen mit einem moderaten Alkoholkonsum eine durchschnittlich verlängerte Lebensdauer aufwiesen. Jedoch erlaubte die Datenlage keine präzisen Aussagen über die gesundheitsfördernde Wirkung des Alkohols. Bezüglich der positiven Wirkung von Wein auf das Arterioskleroserisiko bringt die Studie „In Vino Veritas“ Ernüchterung: Die Wissenschaftler konnten keine Verbesserung der kardioprotektiven Laborparameter, wie zum Beispiel des HDL-Cholesterinspiegels, und eine daraus abzuleitende Senkung des Arterioskleroserisikos nachweisen. Eine Ausnahme zeigte sich bei Personen, die mindestens zweimal in der Woche Sport trieben. Sie konnten im Verlauf der Studie ihren HDL-Cholesterinanteil erhöhen und im gleichen Zug das LDL-Cholesterin sowie das Gesamtcholesterin senken. Die Forscher vermuteten, dass sich die positive Wirkung von Sport und einem moderaten Weinkonsum gegenseitig verstärken, sodass in dieser Kombination ein positiver Effekt messbar wird.

Diese Schlussfolgerung ist jedoch nicht eindeutig. So könnte der positive Effekt beispielsweise darauf beruhen, dass sich Personen, die regelmäßig Sport treiben ebenfalls gesünder ernähren. Eine groß angelegte englische Studie konnte ebenfalls keinen positiven Einfluss des Alkoholkonsums auf die Lebensdauer nachweisen: Zehn Jahre lang wurden die Daten zum Alkoholkonsum von über 18.000 Personen erhoben, ohne jedoch eine Korrelation zwischen Alkoholkonsum und einer längeren Lebensdauer nachzuweisen.

Wann Alkohol gefährlich wird

Zwar enthält Wein potenziell gesundheitsfördernde Polyphenole, die eine antioxidative Wirkung haben und freie Radikale eliminieren können. Jedoch wurde ihre Wirkung bisher vor allem außerhalb des menschlichen Körpers untersucht. Außerdem darf man nicht vergessen, dass übermäßiger Alkoholkonsum schwerwiegende körperliche und psychische Folgen nach sich ziehen kann. Alkohol schädigt vor allem die Leber und die Bauspeicheldrüse. Auch die Entstehung vieler Krebsarten wird mittlerweile mit ihm in Verbindung gebracht. Des Weiteren ist Alkohol ein Nervengift. Bei jedem Rausch sterben Millionen von Nervenzellen. Bei einem dauerhaft erhöhten Konsum sind nachhaltige Schäden des Gehirns zu erwarten, die sich beispielsweise in einer Wesensveränderung oder sogar einer Intelligenzminderung und Demenz äußern können.

Die Dosis macht das Gift

Aufgrund der schwerwiegenden Folgen sollte die am Tag konsumierte Menge bei Männern 24 Gramm und bei Frauen 12 Gramm Alkohol nicht überschreiten. Die für Männer als unbedenklich eingestufte Alkoholmenge entspricht circa 0,5 Liter Bier oder 0,25 Liter Wein. Zudem wird empfohlen, mindestens an zwei Tagen pro Woche keinen Alkohol zu konsumieren.

Der Übergang zwischen einem moderaten Alkoholkonsum hin zu einem übermäßigen Konsum mit Gefahr der Abhängigkeit kann fließend und lange unbemerkt verlaufen. Wenn alkoholfreie Tage zu einem Problem werden und Betroffene ihren Alltag ohne Alkohol nicht mehr bewältigen können, sollte dringend professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Nach aktuellem Kenntnisstand ist die gesundheitsfördernde Wirkung von Alkohol und besonders Rotwein nicht zweifelsfrei belegt. Viele Indizien sprechen sogar eher dagegen. Trotzdem ist nichts gegen ein gutes Glas Rotwein einzuwenden – vorausgesetzt es bleibt bei einem Glas. Letztlich gilt auch beim Alkohol der Ausspruch – Die Dosis macht das Gift.

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